Das Seminar ist ausgebucht. Es gibt eine Warteliste.
21. bis 26. Januar 2025 (Di bis So)
in einem neu entstehenden Lern- und Forschungsraum für wahrnehmendes politisches Gestalten in Witzenhausen/Nordhessen
Eine Kultur der Zärtlichkeit
sinnlich, intim und politisch sein
mit Heike Pourian, Christopher Gottwald und Benjamin von Mendelssohn
Zärtlichkeit ... die meisten von uns haben im Leben zu wenig davon bekommen. Wir spüren eine Sehnsucht, ein schmerzliches Entbehren. Oft ist
die (monogame) Paarbeziehung, und darin die Sexualität der einzige Ort, wo wir uns der Möglichkeit öffnen, Lebendigkeit könnte gleichbedeutend sein mit Zärtlichkeit. Das Sexuelle ist allerdings mit
viel Scham und Druck beladen: Scham darüber, im inneren Wesen so schamlos sinnlich und sexuell zu sein. Darf ich so wirklich sein? Druck zu gefallen, zu genügen, zu performen, Druck, mit den
Inszenierungen von Liebe und Begehren mitzuhalten, die von allen Seiten auf uns einprasseln und Standards setzen.
Wenn wir Intimität (ver)suchen, kann es geschehen, dass wir vor lauter Stress aus dem Kontakt mit uns selbst und de*r anderen fallen. Wir überspringen das große Feld von Zärtlichkeit und
Sinnlichkeit und den Raum von Spiel und Hingabe, von Vertrauen, von Horchen, Spüren und Tasten, von Präsenz u.v.a. Wahr-nehmung. - und landen nicht selten bei Routiniertem
Wir haben es verlernt, in zärtlicher, intimer Beziehung mit dem Universum zu leben. Alles Lebendige strebt danach, sich gegenseitig zu durchdringen. Eine erotische Begegnung ist das heilige
Spiel mit Unterschiedlichkeiten, die sich ergänzen und umarmen dürfen, sie ist Neugier und Begeisterung für das andere, das Nicht-Ich. Im angstfreien Eros ist mir alles heilig und nichts
profan.
Da die Menschheitsgeschichte eine Geschichte der Trennung von Geist und Körper ist, können wir uns kaum vorstellen, dass wir dem Heiligen in der Materie begegnen können, in uns. Wir verorten es
eher irgendwo da oben, weit weg. Dabei braucht die Transformation unseres Seins in dieser Welt nichts dringlicher als dies: Materie zu beseelen und für Geist zu öffnen - nicht nur für uns als
Individuen, sondern auch als Friedenskultur für alle.
Mit diesem Forschungsraum zur Zärtlichkeit laden wir ein zu einem Balanceakt zwischen Angst und Sehnsucht.
Wie wäre es, wenn uns die Kraft des Eros wieder zur Verfügung stünde? In unseren Beziehungen ebenso wie in unserem Beitrag zum Gestalten der Welt, im politischen Handeln? Wir möchten unser
Forschen nicht auf den privaten Raum beschränken, sondern einen Bezug zur gesellschaftlichen Wirksamkeit herstellen: Wie könnte eine Politik der Zärtlichkeit aussehen? Eine Kontakt-Demokratie? Eine
Welt, wo unsere Lebensenergien einen freien Ausdruck finden? Was kann mein Beitrag sein in dem Anstehenden Wandel? Wir wollen uns einander zuzuwenden, Intimität mit dem Andersartigen erleben, uns in
Zärtlichkeit üben - das ist eine gute Medizin, um der Spaltung im Politischen heilsam zu begegnen.
Wie werden wir miteinander forschen?
Wir drei, Benjamin, Christopher und Heike, haben Erfahrungen gesammelt in Bereichen wie Bewusstseinsentwicklung, somatischer und künstlerischer Praxis, Tanz, achtsamer Sexualität,
Prozessbegleitung und gesellschaftlicher Transformation. Im April 24 haben wir den ersten Workshop zusammen zu geben und staunen über einen lebendigen Co-Kreationsprozess, der sich nun fortsetzen
darf.
Es wird Angebote geben, sich zu bewegen und einander zu berühren, in Stille zu sein und zu reflektieren. Wir werden spielerisch und ernsthaft sein und einander dabei bezeugen. Und wir werden
Wissen mit euch teilen, zum Beispiel über Zustände des Nervensystems und zu Dynamiken des gesellschaftlichen Wandels.
Wir werden verlangsamen und einen wachen Blick auf unsere Gewohnheiten und Prägungen werfen, ebenso konsequent wie gnädig. Wir wollen üben: Bedürfnisse äußern und Grenzen ausloten, Risiken
eingehen und Neuland betreten. Und wir werden viel Zeit haben zum Reflektieren, Verdauen und Integrieren des Erlebten - allein, zu zweit, in Kleingruppen, in der Gesamtgruppe, drinnen und
draußen.
Wer mag kann eine Unterstützungsgruppe finden, um das Erlebte auch über die Seminarzeit hinaus in den Alltag zu integrieren.
Mit dabei ist ein Loopteam (Loop of Common Sense nach Daniel auf der Mauer), das bei Bedarf Einzelne in ihren
Prozessen begleitet.
Den Beitrag für Seminar, Unterkunft und Verpflegung bringen wir solidarisch über eine Bietrunde auf. Das
empfinden wir als Akt gelebter Zärtlichkeit und Zugewandtheit: Wir hören voneinander, was wir brauchen und was wir jeweils beitragen können, damit stattfindet, was wir uns wünschen.
Der Ort: ein neu entstehendes
Lern- und Forschungshaus für wahrnehmendes politisches Gestalten in Witzenhausen/Nordhessen
Unterkunft
Stell dich darauf ein, dass es ein wenig improvisiert sein wird. Das Haus wird bis Dezember als 3-Sterne-Landhotel betrieben. Die Zimmer werden noch so eingerichtet bleiben. Jedes Zimmer nach einem
Märchenmotiv (wir befinden uns im Frau-Holle Land und in der Heimat der Gebrüder Grimm). Alles ist sehr gepflegt und ordentlich, aber vielleicht anders als gewohnt... Das Team übernimmt das Haus zum
2.1.2025 - Eine Kultur der Zärtlichkeit wird das erste Seminar dort sein.
Der Seminarraum hat leider noch keinen Holzfußboden, da werden wir ein wenig improvisieren. Für Bewegungseinheiten nutzen wir das Dorfgemeinschaftshaus nebenan mit 200
Quadratmetern und Holzfußboden. Es gibt ein kleines Schwimmbad und einen Saunabereich.
Unterbringung
Es gibt wenige Einzelzimmer, viele Doppelzimmer (teils mit getrennten Betten, teils mit Doppelbett), ein Dreibettzimmer, eine Ferienwohnung mit 4 Betten (erweiterbar)
und in alle Zimmer könnten zusätzlich auch noch Matratzen gelegt werden. In zwei momentan leeren Zimmern richten wir Matratzenlager fürs Rudelschlafen ein. Es gibt 5 offizielle WoMo-Stellplätz mit
öffentlicher Toilette, aber ohne Strom. Weitere Plätze für Busse/Camper auf dem Parkplatz gegenüber.
Gebt bitte bei der Anmeldung Eure Wünsche, Bedürfnisse und Besonderheiten an (schnarche, habe Schlafprobleme, kann nur im Rudel gut einschlafen, etc). Wir sortieren
das und gestalten die Schlafräume so, dass hoffentlich alle einen guten Schlafplatz finden.
Bringt gern Bettwäsche und Handtücher mit.
Beides kann auch ausgeliehen werden. Da erheben wir der Einfachheit halber eine Pauschalgebühr (s.u.).
Anreise
Das Dorf bei Witzenhausen hat nur 525 Einwohner*innen und wir sind sehr darauf bedacht, es uns nicht gleich am Anfang mit ihnen zu verscherzen und bitten euch um Rücksichtnahme. Der Ort ist
öffentlich recht gut erreichbar. Genauere Infos bekommst du bei Anmeldung.
Verpflegung
Nina und Valerie werden uns sinnlich bekochen. Wir freuen uns, dass die Art und Weise wie wir uns (er)nähren auch unter dem Zeichen der Zärtlichkeit steht. Hier
findet ihr Informationen über die beiden:
www.somethingwithfood.com/ (Nina Kozel) und
www.lacuisinedelabienveillance.org/en (Valerie Duvauchelle). Es wird
zwei Mahlzeiten geben: ein brunchiges spätes Frühstück und ein Abendessen. Morgens steht für alle früh Hungrigen etwas bereit. Niemand muss mit knurrendem Magen unterwegs sein. Gebt bitte bei der
Anmeldung Unverträglichkeiten und besondere Bedürfnisse an. Die Kosten für Lebensmittel, Energie und das Honorar der Köchinnen ist ebenfalls Teil der Bietrunde. Der Bedarf wird offengelegt.
Finanzierung
Das Haus ist ein Ort, der sich dem solidarischen Wirtschaften widmet – in Theorie und Praxis. Das bedeutet, dass wir keine fetten Profite erwirtschaften wollen, wenn
wir unsere Räume anderen zur Verfügung stellen. Und wir wollen auch anerkennen, dass der Unterhalt des Hauses, das wir soeben als gemeinnütziger Verein erworben haben, viel Geld kostet.
Dass die Honorare für die Seminarleitung und die genutzen Räume per Bietrunde zusammenkommen, das war auch schon
bei unserem ersten Zärtlichkeitsseminar so. Wir vertrauen drauf, dass alle Teilnehmenden Lust haben beizutragen, damit wir diese Arbeit machen können. Auch wir machen unseren Bedarf
transparent.
Dieses Mal bringen wir den gesamten Betrag per Bietrunde auf: für Unterkunft, Verpflegung, die
Räumlichkeiten und das Seminar. Das ist ein Experiment.
Wenn wir auch die Kosten für die Übernachtung solidarisch finanzieren, dann steigen wir noch weiter aus der Logik aus, sich etwas leisen zu können: Wer Geld hat
„leistet sich“ ein Einzelzimmer mit eigenem Bad, wer das nicht hat, muss mit weniger Komfort vorlieb nehmen (Zelt/Camper, Schlafsaal).
Mehr zur Bietrunde findest du unten!
Organisatorisches
Zeit: Dienstag, 21.01., 18 Uhr bis Sonntag, 26.01.2025, 14 Uhr
Ort: Nähe 37216 Witzenhausen (genauere Infos bei Anmeldung)
Seminarpreis, Übernachtungs- und Verpflegungskosten :
Die Finanzierung bringen wir gemeinsam und solidarisch über eine Bietrunde auf. Informationen dazu findest du unten.
Für die Verbindlichkeit deiner Anmeldung bitten wir dich um die Überweisung von 80€. Dieser Betrag ist Teil deines späteren Gebots und wird
bei Absage (egal zu welchem Zeitpunkt) nicht zurückerstattet. Solltest du nach dem 15.12.2024 absagen und niemand finden, d*ie deinen Platz übernimmt, dann brauchen wir ein Gebot von dir (s. unten).
zzgl. wenn benötigt:
• bei extra Bedarf: 12€ für Bettwäsche/Handtücher
• Sauna-Handtuch: 5€
Bietrunde
Für diese Veranstaltung gibt es keinen festen Preis. Warum nicht?
Wir wünschen uns, dass wir uns gemeinsam darin üben, wirtschaftlich andere Wege zu beschreiten. Statt
einen festgelegten Preis zu bezahlen, tragt bitte alle soviel bei, wie euch gut möglich ist. Das Geld kommt während des Seminars über eine
BIETRUNDE zusammen. Manchen erscheint das umständlich, herausfordernd und/oder unnötig zeitaufwändig.
Hier sind ein paar Informationen, um den Ablauf zu beschreiben und zu erklären worauf es uns dabei
ankommt.
Anders mit Geld umgehen
Wenn es in Seminaren um Wandel geht, möchten wir nicht nur darüber reden, sondern auch real praktizieren. Zum
einen ist eine Bietrunde gelebte Solidarität: Die Single-Oberstudienrätin hat ganz andere finanzielle Möglichkeiten als der alleinerziehende Bürgergeld-Empänger. Es macht einfach keinen Sinn, dass
beide das Gleiche bezahlen.
Es geht um eine umfassende Haltungsänderung: Wir machen uns bewusst, dass Geld nicht naturgegeben, sondern
menschengemacht ist. Es ist eine Geschichte, die wir uns erzählen, eine Vereinbarung – mehr nicht. Also können wir spielerisch damit umgehen. Was geschieht, wenn wir die gängige Praxis von Geld als
Gegenwert für in Anspruch genommene Leistung (also die Tauschlogik) über Bord werfen? Was ändert sich, wenn wir stattdessen Geld geben, um Dinge möglich zu machen, die wir wichtig finden? Wenn ich
einen Preis bezahle, bin ich Konsument*in. Wenn ich etwas beitrage, übernehme ich Mitverantwortung für das Gelingen.
Viele Vordenker*innen der ökonomischen Transformation stellen fest, dass Geld die Wirkung haben kann, Beziehungen
zwischen Menschen zu kappen. Wir zahlen Geld für etwas und wollen damit quitt sein. Das kann sehr praktisch sein, aber auch einsam machen, denn wir leugnen damit die Tatsache, dass wir Menschen
einander brauchen, ja, dass jedes Leben anderes Leben braucht, um leben zu können.
Wenn wir versuchen, anders mit Geld umzugehen, verlangt uns das eine bewusste Entscheidung und den Abschied von
gewohnten Denkmustern ab. Wir sind alle so gepolt, dass wir gern möglichst billig wegkommen wollen. Das haben wir so gelernt. Kapitalistisches Denken legt uns nahe: „Achte auf deinen eigenen
Vorteil!“ Daher wird Gib was du kannst schnell missverstanden als Ist umsonst. Logisch, wir denken als erstes: „Cool, da kann ich viel bekommen und wenig geben – Schnäppchen!“
Menschen, die Veranstaltungen gegen Spende anbieten, zahlen deshalb häufig drauf, sind frustriert, fühlen sich ausgebeutet. Daher gibt es hier so viel Text.
Eine Veränderung braucht viel Erklärung,weil nichts mehr selbst-verständlich ist. Ohne genaues Hingucken
reproduzieren wir alte Muster im neuen Kleid. Wenn wir etwas anders machen wollen ist es wichtig, unser Gewordensein dabeizuhaben: „Aha, so bin ich geprägt.“
Hinzu kommt: Geld ist immer noch ein Tabuthema. Die ungewohnte Transparenz damit kann allerlei Emotionen
hervorrufen. Wie soll ich denn entscheiden, wie viel ich geben mag? Woher soll ich denn wissen, ob ich im Vergleich zu den anderen hier Anwesenden eher viel oder eher wenig Geld habe? All das wird
Raum haben.
Wie geht das ganz praktisch?
Ablauf einer Bietrunde
Es mag alles umständlich, kompliziert und anstrengend klingen, ist aber in der Umsetzung ganz einfach – eben nur
anders als gewohnt. So geht's:
- Wir als Team der Veranstaltung legen alle Kosten offen und geben an, was wir brauchen, um gut von unserer Arbeit leben zu können – das
kann je nach Lebenssituation sehr unterschiedlich sein. Gerecht heißt nicht immer gleich.
- Wir nennen euch einen Richtwert. Er errechnet sich aus der Summe dieser Kosten und der Anzahl der Teilnehmenden, auf die sie umzulegen
sind. Richtwert bedeutet: Wenn durchschnittlich alle so viel geben, dann kommt es gut hin.
- Nächster Schritt: Ihr habt die Möglichkeit, nachzufragen und mehr Informationen zu
bekommen.
- Um das Emotionale in all dem gut zu versorgen, gibt einen kurzen Austausch dazu in
Kleingruppen.
- Ihr schreibt anonym ein Gebot auf einen kleinen Zettel
- Diese sammeln wir ein und zählen die Beträge zusammen. Wenn die Differenz von Wunsch und Summe sehr groß ist, wiederholen wir die
Bietrunde.
- Wenn sich der Betrag stimmig anfühlt, wird das Geld in bar eingesammelt.
- Abschließend hören wir ein paar Resonanzen aus der Gruppe zum Prozess. Und wertschätzen, dass wir etwas Neues ausprobiert
haben.
- Fertig. Alle haben eine neue Erfahrung gemacht und können sich darüber austauschen
Das geht übrigens auch umgekehrt: wir als Team werden in einem ähnlichen Prozess das zu uns geflossene Geld unter
uns verteilen - eher nach Bedarf als nach geleisteter Arbeit.